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Eigenbedarfskündigung: Rechte, Pflichten und Fallstricke - Was Mieter und Vermieter wissen müssen

  • Selma
  • 3. Juni
  • 5 Min. Lesezeit

Wenn ein Vermieter eine Wohnung selbst nutzen möchte oder sie für nahe Angehörige benötigt, kann er eine sogenannte Eigenbedarfskündigung aussprechen. Doch dabei gelten strenge gesetzliche Regeln – und für Mieter gibt es zahlreiche Schutzmechanismen.


In diesem Beitrag erklären wir, wann eine Eigenbedarfskündigung rechtens ist, was bei einem Immobilienkauf zu beachten ist und welche Rechte Mieter im Falle einer Kündigung haben.

was bedeutet Eigenbedarfskündigung?

Was bedeutet Eigenbedarfskündigung?


Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) darf ein Vermieter kündigen, wenn er die Wohnung für sich selbst, Familienangehörige oder Mitglieder seines Haushalts benötigt. Der Eigenbedarf muss nachvollziehbar und ernsthaft begründet sein – eine bloße Wunschvorstellung oder spätere Weitervermietung reicht nicht aus. Der Gesetzgeber hat diese Regelung geschaffen, um einerseits dem Eigentumsrecht des Vermieters Rechnung zu tragen, andererseits aber auch den Mieter vor willkürlichen Kündigungen zu schützen.


Wer darf Eigenbedarf anmelden?


Erlaubt ist der Eigenbedarf für:


  • Den Vermieter selbst, etwa bei beruflich bedingtem Umzug oder Vergrößerung des Wohnraums

  • Nahe Familienangehörige wie Ehepartner, Kinder, Eltern, Enkel oder Geschwister, beispielsweise wenn die Tochter zum Studium in die Stadt zieht

  • Weitere Haushaltsangehörige wie Pflegekräfte im Haushalt oder Lebenspartner im gemeinsamen Haushalt


Nicht erlaubt ist die Kündigung für:


  • Freundinnen und Freunde oder entfernte Bekannte

  • Mieterwechsel aus wirtschaftlichen Gründen

  • Geplanten Verkauf der Wohnung


Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?


Schriftform und Begründungspflicht


Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und eine detaillierte Begründung enthalten:


Wer genau einziehen soll (mit Namen und Beziehung zum Vermieter)

Warum gerade diese Wohnung benötigt wird (z.B. wegen Lage, Größe, Schnitt)

Wann der Einzug konkret geplant ist (mit Zeitangabe)


Eine ausreichende Begründung könnte lauten: "Meine Tochter Julia beginnt zum Wintersemester 2025 ihr Medizinstudium an der Universität in der Stadt und benötigt daher ab dem 1. Oktober 2025 eine Wohnung in Universitätsnähe. Da Ihre Wohnung nur 10 Gehminuten vom Campus entfernt liegt, ist sie ideal für meine Tochter geeignet."


Kündigungsfristen beachten


Die Kündigungsfrist richtet sich nach der Dauer des Mietverhältnisses:


  • Bis 5 Jahre Mietdauer: 3 Monate Kündigungsfrist

  • 5 bis 8 Jahre: 6 Monate Kündigungsfrist

  • Über 8 Jahre: 9 Monate Kündigungsfrist


Diese gestaffelten Fristen berücksichtigen, dass langjährige Mieter oft stärker verwurzelt sind und mehr Zeit für die Wohnungssuche benötigen.


Rechtzeitige Information über Widerspruchsrecht


Der Vermieter muss den Mieter spätestens zwei Monate vor Vertragsende ausdrücklich informieren:

  • Dass ein Widerspruchsrecht besteht

  • Bis wann der Widerspruch erfolgen muss

  • In welcher Form der Widerspruch eingelegt werden sollte

Fehlt einer dieser Punkte, kann die Kündigung als unwirksam eingestuft werden.


Eigenbedarfskündigung nach Hauskauf: Besonders heikel


Viele Käufer glauben, sie könnten nach dem Immobilienkauf sofort Eigenbedarf anmelden. Doch das ist nicht uneingeschränkt möglich:


  • Sperrfrist von 3 Jahren nach § 577a BGB nach dem Kauf einer vermieteten Eigentumswohnung

  • Verlängerung auf bis zu 10 Jahre in angespannten Wohnungsmärkten (wie Berlin oder München)

  • Nur für natürliche Personen möglich – nicht für GmbH, AG oder andere juristische Personen

  • Strenge gerichtliche Prüfung, ob beim Kauf der Eigenbedarf bereits absehbar war

  • Keine Sperrfrist bei Kauf eines Mehrfamilienhauses, das nicht in Eigentum aufgeteilt ist


Tipp: Beim Immobilienkauf mit geplantem Eigenbedarf sollte frühzeitig juristische Beratung eingeholt werden, um spätere Probleme zu vermeiden und rechtssicher zu handeln.


Härtefallregelung: Wann Mieter bleiben dürfen


Mieter haben die Möglichkeit, der Kündigung zu widersprechen, wenn sie einen Härtefall nachweisen können (§ 574 BGB):

  • Hohes Alter (besonders über 80 Jahre) in Verbindung mit langer Wohndauer

  • Pflegebedürftigkeit, etwa bei altersgerechtem Umbau der Wohnung oder eingerichtetem Pflegenetzwerk

  • Schwere Krankheit wie fortschreitende Demenz oder Depression, bei der ein Umzug den Zustand verschlechtern könnte

  • Schwangerschaft oder bevorstehende Geburt aufgrund der besonderen Belastung für die werdende Mutter

  • Lange Wohndauer und soziale Verwurzelung mit gewachsenem Netzwerk und vertrauten Ärzten

  • Schulwechsel von Kindern in sensiblen Phasen, etwa kurz vor dem Abitur


Der Widerspruch muss spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich beim Vermieter eingehen, idealerweise mit Nachweisen wie ärztlichen Attesten versehen.


Typische Fehler von Vermietern


Fehlende oder unzureichende Begründung

Pauschale Aussagen reichen nicht aus – der Bedarf muss zeitlich und persönlich konkretisiert sein. Viele Vermieter unterschätzen, wie detailliert diese Begründung sein muss, was häufig zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.


Vorgeschobener Bedarf

Kündigungen werden oft von Gerichten kassiert, wenn sich herausstellt, dass der angemeldete Eigenbedarf nur vorgeschoben war – etwa wenn die Wohnung später leer steht oder an Dritte vermietet wird. Dies kann nicht nur zur Unwirksamkeit führen, sondern auch Schadensersatzansprüche begründen.


Unverhältnismäßigkeit

Eine große Familienwohnung für eine alleinlebende Person oder eine kleine Wohnung für eine vierköpfige Familie kann als unverhältnismäßig bewertet werden. Hier muss besonders gut begründet werden, warum gerade diese Wohnung benötigt wird.


Nichtbeachtung der Sperrfrist nach Kauf

Die gesetzliche Sperrfrist von mindestens drei Jahren wird häufig übersehen oder falsch berechnet. Auch werden Mieter oft nicht korrekt über die verlängerten Kündigungsfristen informiert, was zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.


Was können Mieter tun?


  • Kündigung prüfen lassen durch einen Mieterverein oder spezialisierten Anwalt, die beurteilen können, ob die Kündigung formal korrekt ist

  • Härtefall prüfen und Widerspruch formulieren mit aussagekräftigen Nachweisen wie ärztlichen Attesten oder Bescheinigungen über Pflegegrade

  • Alternative Wohnung vorschlagen im gleichen Haus oder in der Nähe, die ebenfalls für den Eigenbedarf geeignet wäre

  • Verhandlungen über Umzugshilfe oder Abstandszahlung führen, um bei einem berechtigten Eigenbedarf eine einvernehmliche Lösung zu finden


Was können Vermieter tun?


  • Bedarf realistisch und langfristig planen, anstatt kurzfristige oder spekulative Entscheidungen zu treffen, die vor Gericht selten Bestand haben

  • Kündigung rechtssicher formulieren, idealerweise mit juristischer Unterstützung, um formale Mängel zu vermeiden

  • Alle Fristen sorgfältig beachten, besonders die Sperrfristen nach Immobilienkauf und die Kündigungsfristen je nach Mietdauer

  • Dialog mit dem Mieter suchen und eine außergerichtliche Einigung anstreben, etwa durch Verlängerung der Auszugsfrist oder finanzielle Unterstützung beim Umzug


Was passiert, wenn es zum Streit kommt?


In vielen Fällen landen Eigenbedarfskündigungen vor Gericht. Häufige Gründe für das Scheitern von Vermietern sind:

  • Ungenügende oder unglaubwürdige Begründung, die den strengen Anforderungen der Rechtsprechung nicht genügt

  • Mangelnder Nachweis des tatsächlichen Bedarfs, etwa wenn sich herausstellt, dass der angebliche Bedarf gar nicht besteht

  • Missachtung von Kündigungsfristen oder Sperrfristen, die als zwingendes Recht nicht umgangen werden können


Für Mieter ist der Gerichtsweg ebenfalls riskant, da nicht jede persönliche Schwierigkeit als ausreichender Härtegrund anerkannt wird. Bei echten Härtefällen entscheiden Gerichte jedoch oft zugunsten der Mieter und verlängern das Mietverhältnis zumindest temporär.


Fazit: Gut informiert ist halb gewonnen


Die Eigenbedarfskündigung ist ein sensibles rechtliches Instrument. Richtig angewendet kann sie berechtigt sein – aber sie erfordert eine klare, ehrliche Begründung und die Einhaltung aller Formalien. Mieter wiederum haben Rechte und Schutzmechanismen, die ernst genommen werden müssen.

Wer rechtzeitig handelt, sich informiert und gegebenenfalls juristischen Rat einholt, kann Streit vermeiden und faire Lösungen finden. Eine offene Kommunikation zwischen Vermieter und Mieter führt oft zu einvernehmlichen Regelungen, die langwierige Gerichtsverfahren überflüssig machen und beiden Seiten Planungssicherheit geben.


Weiterführende Links & Quellen



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